SXEU31 DWAV 290800 S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T ausgegeben am Freitag, den 29.03.2024 um 08 UTC GWL und markante Wettererscheinungen: GWL: TB Anhaltende Föhnlage, Alpengipfel UNWETTER. Sonst im Westen wechselhaft nach Osten zu stabiler und mild bis sehr mild. Samstag staubig. Synoptische Entwicklung bis Sonntag 24 UTC -------------------------------------------------------------- Freitag... starten wir in eine abwechslungsreiche Osterzeit. Auf der synoptischen Bühne stehen sich ein umfangreicher Langwellentrog über Westeuropa und eine kräftige blockierende subtropische Antizyklone über Südosteuropa gegenüber und aus dieser Pattsituation kommen wir bis Anfang April auch nicht mehr heraus (auch dank einer mächtigen Blockierung über Grönland, die Teilen Skandinaviens nochmals winterliche Luftmassen beschert). Bezüglich "rekordverdächtig für diesen Monat" fällt beim Geopotenzial nur die Türkei ins Auge (anormal hohes Geopotenzial) sowie bei der 850 hPa Temperatur Ostdeutschland und Polen zum Samstag. Für Deutschland hat diese Geopotentialgeometrie eine anhaltende südliche und somit föhnlastige Kurzfrist zur Folge. Der Vollständigkeit halber sei noch erwähnt, dass der niedertroposphärische Abdruck des Langwellentroges ein umfangreiches Tiefdruckgebiet über Nordwesteuropa ist, das den Namen NADJA I und II trägt. Somit starten wir heute auf der Vorderseite des Langwellentroges, schön in einen kräftigen Atmosphärenfluss eingebettet (EFI Feuchtefluss 0.7-0.9 mit leicht positivem SOT) mit einer diagonal von Frankreich nach Deutschland reichenden Feuchteschliere, die an ihrer Westflanke von einer schleifenden Kaltfront flankiert wird. Trotz der insgesamt eher antizyklonal konturierten Höhenströmung ist diese leicht divergent (u.a. forciert durch ein umfangreiches antizyklonales Jetmaximum über Benelux), wird jedoch nur von sehr diffusen IPV Maxima in Form schwacher Wellen überlaufen. Einzig am Vormittag/zur Mittagszeit zeichnet sich über Ostfrankreich ein recht üppiges Q(-) Feld ab, was zur Mittagszeit mit Hebung die Feuchteschliere nordostwärts passiert (aktuell am aufflammenden Niederschlag über den Vogesen erkennbar). Das meiste "forcing" resultiert aber aus einer umfangreichen und hochreichenden Frontogenese mit einem Maximum nahe des Mischzonenbereich beim Niederschlag (kristallbildende Schicht). Bei hochreichend negativem Omega bedeutet das ein recht agiles Niederschlagsband, das sich vom Saarland nordostwärts erstreckt und sich über der Mitte aufweitet. Bei im Tagesverlauf fortschreitendem Druckfall über Westeuropa wird diese Feuchteschliere in Form einer sich strukturierenden Warmfront zögernd nordwestwärts gedrückt. Somit regnet es heute über der gesamten Mitte anhaltend mit nur kurzen Unterbrechungen, wobei in der Fläche 12-std. Mengen von 4 bis 8 l/qm, regional um 10 l/qm zu erwarten sind. Vom Saarland bis in die Südpfalz sorgt die kräftigste Frontogenese auch für die üppigsten Niederschlagsmengen, die bei rund 20 l/qm liegen, nach ICON6 bei 30 l/qm. Dessen EPS liefert auch die aggressivste Ensemblevorhersage mit 30-40% für markanten Dauerregen, während sonst die anderen Verfahren kaum Hinweise geben. Da auch einiges von der Lage und konvektiven Ausprägung des Niederschlagsbandes abhängt und die Ausdehnung des potenziellen Dauerregengebietes sehr begrenzt ist, wird vorerst auf Sicht gefahren und ggf. im Tagesverlauf noch kurzfristig gewarnt. Im Norden kommen die Niederschläge stark abgeschwächt an und bringen dort meist nur wenige L/qm, in Richtung Oder bleibt es wohl meist trocken. Das meiste Nass könnte im Norden am Nachmittag peripher der recht diffus strukturierten Kaltfront in Form zahlreicher Schauer fallen, was grob den Streifen von der Eifel bis Hamburg betreffen würde - bei weitem nicht warnwürdig. Bleibt noch der Süden zu nennen, der heute dank kräftigem alpinen Föhn auf der Sonnenseite liegt. Besonders südlich der Donau scheint sie langanhaltend und dort bleibt es auch trocken. Der cross-alpine Druckgradient soll um 10 hPa pendeln, liegt aktuell aber noch etwas hinter den numerischen Vorhersagen. Fortschreitender Druckfall nördlich der Alpen dürfte aber den Föhn im Tagesverlauf immer weiter ankurbeln und eine dort aktuell bereits lagernde sehr trockene Schichtung bis 700 hPa dürfte mit guter Einstrahlung auch ein Durchbrechen bis in die Tallagen ermöglichen. Ein entsprechend abgestuftes Windwarnmanagement kann auf der DWD Warnseite nachgeschaut werden (inkl. UNWETTER oberhalb von 1500m). Peripher des Föhndurchbruchs bis ins Tiefland sorgt allmähliches Abheben des Föhns über einer von Südost herangeführten etwas feuchteren Luftmasse für eng begrenzt recht labile Verhältnisse über dem Süden Bayerns. Nahezu ungedeckelte Verhältnisse mit 600 J/kg MUCAPE und 20 m/s Scherung (3km/6km) wären optimal für organisierte Konvektion, worauf auch statistische Verfahren wir das AR-CHaMo etwas anspringen. Allerdings zeigt kein Modell Auslöse und das zeigt sich auch in den EPS Verfahren, wo maximal 1 oder 2 Member darauf anspringen. Zudem dürfte das reale CAPE dank der trockenen Umgebung ebenfalls niedriger liegen (kaum ECAPE) und auch aufsteigende Äste der nordwärts ausgreifenden Leewellen dürfte oberhalb der Hauptzone des CAPE liegen (spekulativ), sodass momentan sehr defensiv an dieses setup herangegangen und von einem trockenen Nachmittag ausgegangen wird. Die Höchstwerte liegen im Dauernass im unteren zweistelligen Bereich und sonst um 15 Grad, südlich der Donau zwischen 17 und 22 Grad (lokal bei kräftigem und hochreichendem Durchbruch des Föhns auch darüber). Abseits der Föhnböen an den Alpen muss allgemein im Bergland mit einem stark böigen, teils auch stürmischen Südwind gerechnet werden, was inversionsbedingt zeitlich und regional stark variieren kann. Im Tiefland weht dieser frisch bis stark aus Südwest, im Süden abseits vom Föhn mäßig aus Südost. In der Nacht zum Samstag sorgt stark fallendes Geopotenzial über der Iberischen Halbinsel für ein weiteres Aufsteilen der Strömung, sodass die Feuchteschliere zunehmend in den Westen/Nordwesten Deutschlands gedrückt wird. Dort regnet es mit abnehmender Tendenz 12-std. noch 4 bis 8 l/qm, in Staulagen lokal auch um 10 l/qm, während sonst die Nacht im Süden trocken und überwiegend klar verläuft (abgesehen vom zeitweiligen Durchzug mittelhoher und hoher Bewölkung). Der alpine Föhn dauert an, sodass in einigen prädestinierten Lagen die Minima teils recht deutlich zweistellig ausfallen dürften, während diese sonst zwischen +9 und 5 Grad liegen, im Bergland auch etwas darunter. Samstag... verbleibt Deutschland in einer südlichen Anströmung, sodass deutschlandweit eigentlich ein freundlicher und sehr milder Tag erwartet wird. Nach MOSMIX liegen die Maxima deutschlandweit zwischen 19 und 23 Grad, in Richtung Lausitz auch um 25 Grad. Einzig ganz im Westen wird es nicht so mild. Der Föhn an den Alpen dauert weiter an und bricht erneut bis in tiefe Lagen durch. Soweit so gut. Kommen wir zum ABER: Der Staub aus der Sahara. Rein statistisch gesehen haben wir eine recht eindeutige Geopotentialkonstellation, die auch in der Vergangenheit für kräftige Staubausbrüche gen Mitteleuropa gut war (wenngleich der Keil bei dieser Lage etwas schwächer und östlicher, der Trog dafür kräftiger ansetzt). Im Zuge einer umfangreichen Bodentiefzyklogenese über Südwesteuropa, die bis nach Marokko reicht fand und findet auch weiterhin reichlich Staubeintrag aus dem typischen Quellgebiet Algeriens statt (Atlasgebirge bis zum westlichen Großen Erg). Ein Abgleich mit den Vorhersagen zeigt bezüglich Ausprägung und Lage der aktuellen Staubwolke eine gute Übereinstimmung. Zudem schwenkt nun an der Trogspitze ein ausgeprägter dry slot in diese Region, wo dank einhergehender Durchmischung/Impulstransport zeitnah ein weiterer Schwung Saharastaubeintrag erwartet werden kann, der nordostwärts verfrachtet wird. Während uns der erste Schwall bereits in der kommenden Nacht zum Samstag erreicht, wird das Maximum am Samstag tagsüber erwartet, wobei ganz Deutschland betroffen sein sollte, allerdings mit einem möglichen Schwerpunkt über dem Westen. Die genaue Lage dieser Staubwolke ist deshalb von Interesse, weil bei entsprechender Feuchte in dem Höhenniveau ausgedehnte Cirren diese nicht selten begleiten (wo dank dem üppige Mineralinput aus der sonst dominanten homogenen eine ertragreichere heterogene Nukleation einsetzt). Die dem Tagesgang folgende Bewölkung wird innerhalb der Numerik nicht erfasst, da dort nur klimatologische Mittelwerte und keine prognostischen Werte einfließen. Die Feuchte wäre vorhanden und aktuell sind diese induzierten Cirren bereits über dem zentralen westlichen Mittelmeer peripher des Staubs zu erkennen. Von daher wird ein großes Augenmerk darauf liegen, was aus der Nacht heraus an Cirren nordwärts nach Deutschland geführt wird. Staubeintrübung in der erwarteten Größenordnung alleine kann die T2m Temperatur mit 0.5 bis 1K negativ beeinflussen, bei entsprechender Bewölkung kann dies noch deutlicher ausfallen. Mit Blick auf die Lage und dem zeitlichen Reinschwenken des Staubes scheinen die 25 Grad in Richtung Lausitz in der Tat möglich zu sein, ansonsten sollte man sich im restlichen Land nicht wundern, wenn bis weit in den Mittag dichte/kompakte Cirren den Blick auf die Sonne versperren. Die Wolken sind auch abseits des Staubs im Westen recht üppig und im Zuge einer sich formierenden diffusen Bodentiefentwicklung über Benelux im Tagesverlauf wird die weiter westlich liegende wellende Front nun wieder in Form einer Kaltfront zum späten Nachmittag und Abend in den Westen/Südwesten Deutschlands gedrückt. Das ist der Zeitraum, wo man auf einzelne Gewitter im Westen achten sollte, denn im Zuge der südlichen/föhnigen Anströmung kommt eine von Nordafrika ansetzende abgehobene Mischungsschicht mit beeindruckender Ausprägung nach Deutschland - teils bis über 600 hPa durchmischt. Entsprechende lapse rates mit etwas Grenzschichtfeuchte peripher der Kaltfront sind ausreichend für rund 1000 J/kg MUCAPE bei hochreichend 20 m/s Scherung. Mehr als einzelne Gewitter sollten es nicht sein und auch die Einstrahlung sollte entsprechend mitspielen (Staub!). Zudem verlassen mögliche Zellen zügig den Bereich der Kaltfront, die rasch nach Nordosten gedrückt wird (siehe Gradientwind weiter unten) und somit den Labilitätsbereich. Jede Zelle, die sich entwickeln kann, fällt vor allem durch viel Wind (trockene Grenzschicht) und etwas Hagel auf. Nach ICON 6 erstreckt sich der Bereich des isolierten Gewitterpotenzials über den gesamten Westen, während andere eher den Südwesten favorisieren. Das hängt u.a. auch von der Lage des Bodentiefs über Benelux ab, wobei dieses z.B. im IFS-ENS recht eng gebündelt vorhergesagt wird. Staub und Niederschlag könnten dann regional für sandige Autos gut sein. Was zudem erwähnt werden sollte ist aber noch der Wind, der im Zuge der Kaltfront dank der präfrontal recht trockenen Grenzschicht wohl in Form einer ausgeprägten Druckwelle nach Deutschlands zieht, die auch durch deftigen Druckanstieg gestützt wird. In dem Zuge würde der Abend vom Saarland bis nach Baden-Württemberg recht stürmisch ausfallen, wobei sich die Druckwelle unter zögernder Abschwächung nordostwärts bis in die Mitte ausbreitet und dort in den Nachtstunden auflöst. Ein weiterer Blickfang ist die Eifel und der äußerste Westen Deutschlands, wo ebenfalls im Nachmittagsverlauf ein böiger Südwind einsetzen könnte mit markanten Böen in der Eifel. ICON D2 schießt im jüngsten Lauf mit 65kt in 850 hPa den Vogel ab, hat im EPS im Maximum auch Bft 11 Böen hinterlegt, zeigte jedoch in den det. Vorläufen nur 25-30 kt an. IFS hat das Windfeld schwächer und knapp westlich der Landesgrenze. Ebenfalls ein Thema, das im Nowcast beobachtet werden sollte und Bft 7/8 Böen sind hier nicht unwahrscheinlich. Ansonsten dauert der Föhn bei ähnlichem cross-alpinen Druckgradienten weiter an und in tiefen Lagen kommt er sonst mäßig bis frisch aus Südost daher. In der Nacht zum Sonntag zieht das Bodentief in Richtung Deutsche Bucht ab und die nordostwärts schwenkende Kaltfront kommt in etwas bis in den Nordosten Deutschlands voran. Die Frontpassage fällt recht wetterinaktiv aus, könnte den Föhn an den Alpen aber vorübergehend abschwächen und wird vielerorts wohl eher durch einen auffrischenden Südwestwind als durch Niederschlag auffallen. Im Westen regnet es zeitweise, wobei diese Niederschläge eher durch eine nordwärts ablaufende Kurzwelle getriggert werden - entsprechendes Nachlassen nach Mitternacht wird erwartet. Besonders im Nordosten verläuft die Nacht wohl überwiegend klar und trocken. Die Tiefstwerte liegen zwischen 10 und 6 Grad, im Bergland etwas darunter. Abseits der sich abschwächenden Druckwelle weht der Südwestwind meist nur mäßig bis frisch aus Südwest. Sonntag... steht unter dem Motto: auf ein Neues. Wieder etabliert sich eine satte Südströmung mit ähnlichem cross-alpinen Druckgradienten und somit einer Fortdauer der Föhnsituation. Der Staub wird sukzessive ostwärts gedrängt, sodass besonders der Osten nochmals mit dichten Cirren bis zur Mittagszeit zu kämpfen haben könnte (Schwerpunkt: Polen). Da der Eintrag von Südwesten sinkt und sich der Föhn im Tagesverlauf immer weiter mausert, sollte der Sonntag in der Tat in weiten Bereichen Deutschland freundlich, teils auch sonnig über die Bühne gehen, bevor im Nachmittagsverlauf im Zuge einer Tiefdruckentwicklung über Südostfrankreich umfangreiche Bewölkung über die Alpen nach Süddeutschland schwappt. Ganz im Westen kann es im Zuge einer weiteren Bodentiefentwicklung über Nordfrankreich im Westen Deutschland wieder etwas regnen, vielleicht kurzzeitig auch mit Blitz und Donner. Feinheiten diesbezüglich sind jedoch noch nicht herauszuarbeiten. Sonst verläuft der Tag trocken und das bei Höchstwerten von 15 bis 22 Grad (wobei die 22 Grad in der Lausitz erneut von der Einstrahlung/Staub abhängen). In der Nacht zum Montag erfolgt dann eine nachhaltige Umstellung der Wetterlage dank umfangreichem Druckfall über Nordfrankreich und einer sich etablierenden zyklonal geprägten südwestlichen Strömung. Von Südwesten aufkommende Niederschläge bei einem stark auffrischenden Wind aus Südwest wäre die Einleitung zu einem wechselhaften und sehr windigen Montag. Im Norden und Osten bleibt es bis ausgangs der Nacht noch trocken. Mehr dazu aber in den Folgeübersichten. Die Frühwerte liegen zwischen 10 und 6 Grad, im Hochschwarzwald und Mecklenburg-Vorpommern etwas darunter. Im Bergland droht dann von Südwesten zunehmend markanter Wind. Modellvergleich und -einschätzung -------------------------------------------------------------- Auch wenn die grobe Ausgangslage auf der synoptischen Bühne gut erfasst wird, so ergeben sich im Detail größere Diskrepanzen, was vor allem nordwärts ablaufende Kurzwellen und diffuse Bodentiefs betrifft. Diese können regional hemmend/fördernd auf Wind und Niederschlag wirken. Der große Unsicherheitsfaktor am Wochenende bleibt aber die Auswirkung vom Saharastaub - siehe Text. Man darf gespannt sein, wie massiv dieser ausfallen wird. Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach Dipl. Met. Helge Tuschy